Lasst euch nichts gefallen

Über den österreichischen Musikanten Willi Resetarits

Im Sommer 1976 bei der Besetzung des Arenagebäudes im dritten Bezirk in Wien habe ich ihn zum ersten Mal gehört. Als Sänger nahm wenig später mit der Band Schmetterlinge die Proletenpassion auf, in der die Geschichte aus der Sicht der kleinen Leute erzählt wird. Ich war berührt und begeistert.

Geboren als Sohn kleiner Leute im Südburgenland, wo alle kroatisch sprachen, lernte er erst im Alter von drei Jahren deutsch, als die Familie nach Wien übersiedelte. Ein Studium gab er zugunsten der höchst unsicheren Karriere als Sänger auf.

Nach und nach wurde er weit über die Grenzen Österreichs bekannt, besonders als Ostbahn-Kurti – Tausende kamen zu den Konzerten, die er mit anderen Musikern unterschiedlichen Formationen gab.

Nah bei den kleinen Leuten ist er immer geblieben, egal welcher Hautfarbe oder Konfession sie waren. Gemeinsam mit anderen organisierte er das legendäre Lichtermeer im Jänner 1993 gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz.

Auch bei der Gründung des Integrationshauses, wo heute 100 Mitarbeiter Flüchtlinge betreuen und beraten, stand er an vorderster Stelle. Am Tage vor seinem Tod eröffnete er noch den Flüchtlingsball in Wien.

die letzte Tonaufnahme im Jahr 2021 : Elapetsch, Tod, kommentierte er so:

Wenn man ein Bewusstsein dafür kriegt, dass die Tage gezählt sind, intensiviert sich das Leben. Man kriegt ein Gefühl, dass man sich nicht verzetteln muss, indem man allzu viele ungeliebte Tätigkeiten aus Pflichtbewusstsein macht, sich quält und dann missmutig ist, so Resetarits. „Elapetsch, Tod“ bedeute also, dem Tod eine lange Nase zu drehen. Dahinter schwebt: Dem Tod durchaus gefasst ins Auge blicken und es leicht nehmen mit der Vergänglichkeit.

Hier kann man ihn singen hören: https://www.youtube.com/watch?v=30vWrsjRnxg

Er verunglückte im Alter von73 Jahren in seinem Haus. Viele Menschen aus Wien, auch ich, trauern um ihn.

Die Dämonen

Die Dämonen für Dämonen zu halten,

das ist die Gefahr.

Sie als leer zu erkennen,

das ist der Weg.

Sie zu begreifen als, das was sie sind,

das ist die Befreiung.

Sie als Vater und Mutter zu erkennen,

das ist ihr Ende.

Wenn wir sie als Schöpfungen des Geistes gelten lassen,

dann verwandeln sie sich in Ausschmückungen.

Wissen wir derart damit umzugehen,

dann ist das Ganze befreit.

Milarepa lebte im elften Jahrhundert in Tibet und war ein Yogi, Asket und Dichter

Stephen Batchelor über eine Ethik der Unsicherheit

Am 9. März 2022 hielt Stephen Batchelor einen Online-Vortrag über dieses Thema. 

Stephen begann das Gespräch mit einem Thema, das für uns heute von entscheidender Bedeutung ist: die Invasion der Ukraine. Als Reaktion auf diese zutiefst beunruhigende Situation müssen wir uns fragen: Was soll ich tun? Was sollen wir tun? Aber wie in vielen Situationen, die wir erleben, ist die Antwort nicht so einfach zu finden, da erhebliche Unsicherheit darüber besteht, welche Wahl wir treffen sollten. Und doch müssen wir uns als ethische Wesen, wie Stephen betonte, für eine Vorgehensweise entscheiden; wir müssen handeln.

Alle ethischen Entscheidungen haben tatsächlich dieses Element der Unsicherheit, nicht nur, weil wir niemals alle Faktoren einer Situation vollständig kennen können, sondern auch, weil wir die Ergebnisse unserer Handlungen nicht vorhersagen können. Selbst mit den besten Absichten führt das, was wir tun, möglicherweise nicht zu positiven Ergebnissen.
Wie können wir also die Fähigkeit entwickeln, ethisch zu handeln, wenn Unsicherheit immer vorhanden ist? Wie entwickeln wir die Fähigkeit, in jeder Situation eine "angemessene Antwort" zu finden, wie der Zen-Meister Yunmen es ausdrückte?

Stephen legte dar, dass die grundlegenden Elemente für eine Ethik der Ungewissheit im frühen Buddhismus und in bestimmten sokratischen philosophischen Dialogen zu finden seien. Sowohl Gotama als auch Sokrates äußerten sich in Sinne einer Ethik, die eher auf Mitgefühl und Unwissenheit beruht als auf a priori moralischen Überzeugungen und metaphysischen Gewissheiten. Indem er zu den frühen Diskursen des Buddha und den Dialogen seines griechischen Zeitgenossen Sokrates zurückkehrte, sprach er über gemeinsame philosophische und ethische Themen, die es uns ermöglichen können, am besten auf die Krisen zu reagieren, mit denen wir heute konfrontiert sind – Klimawandel, Krieg, Armut und soziale Ungerechtigkeit.

Nachfolgend das Video dieses Vortrags:
https://youtu.be/wdojxH8IpjQ

es geht weiter…

Es gibt nur zwei Tage im Jahr, an denen man nichts tun kann. Der eine ist gestern, der andere morgen. Dies bedeutet, dass heute der richtige Tag zum Lieben, Glauben und in erster Linie zum Leben ist.

Dalai Lama

Dalai Lama liegt mit Infektion im Krankenhaus - DER SPIEGEL

Die Bitten der Kinder

„Die Häuser sollen nicht brennen.
Bomber sollt man nicht kennen.
Die Nacht soll für den Schlaf sein.
Leben soll keine Straf sein.
Die Mütter sollen nicht weinen.
Keiner sollt töten einen.
Alle sollen was bauen.
Da kann man allen trauen.
Die Jungen sollen`s erreichen.
Die Alten desgleichen.“

Berthold Brecht

Säkulares menschliches Gedeihen

Vor kurzem haben sich 20 Gleichgesinnte aus USA, Australien, Japan und Europa elektronisch ausgetauscht. Dabei Stephen Bachelor als Doyen hat das Wort vom säkularen menschlichen Gedeihen geprägt. Dazu gehört care: Sorgfalt und Fürsorge.

Winton Higgins sprach vom cushion potato, auf das wir uns nicht reduzieren sollten – es gehe um Balance zwischen Meditation und Aktion gegen die Herausforderungen unserer Zeit, besonders den Klimawandel.

die Teilnehmerinnen waren sich einig: diese Initiative soll weitergehen. Es geht nicht um Ziele, sondern um freundschaftliche Vernetzung.

Was ich in zwei Jahren der Pandemie gelernt habe

  • das Wichtigste: im Gespräch bleiben (auch, wenn Ansichten diametral gegensätzlich sind)
  • man kann auch einmal schweigen
  • Konfrontationen kann man ausweichen
  • es gibt auch andere Themen als das Virus
  • Freude und Wärme suchen und verbreiten, wo immer es geht
  • sich entspannen, atmen, die Sonne suchen

und übrigens…

Wie weit Du im Leben kommst, wird davon abhängig sein, wie weit Du zärtlich mit den Kleinen umgegangen bist, mitfühlend mit den Alten, Anteil nehmend mit denen, die sich anstrengen und geduldig mit den Schwachen und den Starken. Denn eines Tages wirst Du dies alles gewesen sein.

George Washington Carver war ein Botaniker, Chemiker und Erfinder in der Landwirtschaftsforschung in den Südstaaten der USA.

Unsere Sprache

Kommunikation in herausfordernden Zeiten

Buddha sagt über die rechte Rede:

Rechte Rede meidet Lüge, Verleugnung, Beleidigung und Geschwätz. Wie die Gedanken ist unsere Rede heilsam oder nicht heilsam, nützlich oder unnütz, wahr oder falsch. Ein gutes Wort wird zur rechten Zeit gesprochen, es ist wahr, zweckmäßig und kommt aus liebevoller Gesinnung.

Daran erinnert uns Martine Bachelor in einem Talk zu diesem Thema.

Sie stellt ein paar Fragen :

  • Wie höre ich mir selbst zu?
  • Wie spreche ich mit mir selbst? Mit Freundlichkeit oder kritisiere ich mich? Ist meine Kritik berechtigt?
  • Mache ich mir selbst Dinge klar?

Wir können nicht immer perfekt sein beim Sprechen, wir machen Fehler. Unter welchen Bedingungen kann ich Weisheit und Mitgefühl ausdrücken? Wenn ich gestresst bin, wenn ich müde bin, wenn ich möchte, dass etwas auf meine Weise geschieht, kann ich ungeduldig werden…

  • Wie gehe ich mit Fehlern anderer Leute um?
  • Ist es wirklich nötig, sofort zu kritisieren? Mit welchen Worten, in welchem Ton mache ich das?

Mit Annahmen sollten wir vorsichtig sein, es ist oft hilfreicher, Fragen zu stellen.

Und schließlich: Warum spreche ich? Muss ich wirklich sprechen?

Meditation kann helfen, diesen inneren Dialog wahrzunehmen.

Wie man mit selbst mit sich selbst spricht, kann man auch mit anderen sprechen. Es geht nicht um sich selbst und nicht um den anderen, es geht um beide Partner.

zusammengestellt und übersetzt und von

Eva-Maria Glatz