Aus der Dvedhavitakka Sutta 1
Ihr Bhikkhus, vor meinem Erwachen, als ich noch lediglich ein unerleuchteter Bodhisattva war, kam mir in den Sinn: angenommen, ich teile meine Gedanken in zwei Klassen ein. Auf die eine Seite brachte ich dann Gedanken der Sinnesbegierde, Gedanken des Übelwollens und Gedanken der Grausamkeit und auf die andere Seite brachte ich Gedanken der Entsagung, Gedanken des Wohlwollens und Gedanken der Freundlichkeit.
Während ich so umsichtig, eifrig und entschlossen verweilte, erschienen Gedanken der Sinnesbegierde, des Übelwollens, der Grausamkeit in mir. Ich verstand: Dieser Gedanke der Sinnesbegierde, des Übelwollens, der Grausamkeit ist in mir entstanden. Dies führt zu meinem eigenen Leid, zum Leid anderer und zum Leid aller Beteiligten; es beeinträchtigt Weisheit, verursacht Schwierigkeiten und führt vom Erwachen weg. Als ich erwog: Dies führt zu meinem eigenen Leid, verschwand es; als ich erwog: Dies führt zum Leid anderer, verschwand es; als ich erwog: Dies führt zum Leid aller Beteiligten, verschwand es; als ich erwog: Dies beeinträchtigt Weisheit, verursacht Schwierigkeiten, und führt vom Erwachen weg, verschwand es. Wann immer ein Gedanke der Sinnesbegierde, des Übelwollens, der Grausamkeit in mir erschien, gab ich ihn auf, entfernte ihn, beseitigte ihn.So wie im letzten Monat der Regenzeit, im Herbst, wenn das Korn heranreift, ein Kuhhirte seine Kühe hüten würde, indem er sie ständig mit einem Stock auf die eine und die andere Seite klopft und stupst, um sie zu zügeln und im Zaum zu halten…
Während ich so umsichtig, eifrig und entschlossen weilte, erschienen Gedanken der Entsagung, des Wohlwollens, der Freundlichkeit in mir. Ich verstand: Dieser Gedanke der Entsagung, des Wohlwollens, der Freundlichkeit ist in mir entstanden. Dies führt nicht zu meinem eigenen Leid, oder zum Leid anderer oder zum Leid aller Beteiligten; es fördert Weisheit, verursacht keine Schwierigkeiten, und führt zum Erwachen hin. Wenn ich über diesen Gedanken nachdenke und nachsinne, und sei es sogar eine Nacht lang, sogar einen Tag lang, sogar eine Nacht und einen Tag lang, sehe ich nichts, was davon zu befürchten wäre. Aber mit übermäßigem Nachdenken und Nachsinnen könnte ich meinen Körper ermüden, und wenn der Körper ermüdet ist, wird der Geist überanstrengt, und wenn der Geist überanstrengt ist, ist er von Konzentration weit entfernt. Also festigte ich meinen Geist innerlich, beruhigte ihn, brachte ihn zur Einheit und konzentrierte ihn. Warum? Weil mein Geist nicht überanstrengt werden sollte.
Ihr Bhikkhus, worüber auch immer ein Bhikkhu häufig nachdenkt und nachsinnt, das wird seine Geistesneigung werden. Wenn er häufig über Gedanken der Entsagung nachdenkt und nachsinnt, hat er den Gedanken der Sinnesbegierde aufgegeben, um den Gedanken der Entsagung zu pflegen, und dann neigt sein Geist zu Gedanken der Entsagung. Wenn er häufig über Gedanken des Wohlwollens nachdenkt und nachsinnt, hat er den Gedanken des Übelwollens aufgegeben, um den Gedanken des Wohlwollens zu pflegen, und dann neigt sein Geist zu Gedanken des Wohlwollens. Wenn er häufig über Gedanken der Freundlichkeit nachdenkt und nachsinnt, hat er den Gedanken der Grausamkeit aufgegeben, um den Gedanken der Freundlichkeit zu pflegen, und dann neigt sein Geist zu Gedanken der Freundlichkeit. So wie im letzten Monat der heißen Jahreszeit, wenn alles Korn in die Dörfer eingebracht worden ist, ein Kuhhirte seine Kühe hüten würde, während er sich am Fuß eines Baums oder im freien Gelände aufhält, da er nur darauf zu achten braucht, dass die Kühe anwesend sind; genauso bestand für mich nur die Notwendigkeit, achtsam darauf zu sein, dass jene Geisteszustände anwesend waren.
So können wir Einfluss nehmen auf die Gedanken – aus denen wir Geschichten über uns selbst und unseren Ort in der Welt bauen – sagt Siddharta Gautama. Ähnlich wie im Vergleich mit kundiger Handwerksarbeit, den Stephen Batchelor zitiert 2 spricht der Buddha von der gewöhnlichen Tätigkeit eines Hirten. Dabei ist mir der Unterschied zwischen den beiden Metaphern aufgefallen, die er gebraucht. Im ersten Bild ist der Hirte dauernd beschäftigt, seine Kühe im Zaum zu halten, weil rund um sie das reifende Korn steht; wenn das einmal entfernt ist, braucht er viel weniger Energie und ist freier geworden für anderes.
- Palikanon, Majjhima Nikaya 19, 1. Teil. Der 2. Teil, auf den ich in einem späteren Beitrag eingehen möchte, behandelt die Jhanas, Zustände besonderer Versenkung jenseits von hilfreichen und schädlichen Gedanken. Von mir gekürzte deutsche Übersetzung, zitiert von: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m019z.html, E .G. ↩
- s. sein Beitrag auf diesem Blog über das Selbst ↩
Ja, so will ich meine positiven Gefühle und Gedanken hüten, wie ein Kuhhirte, der darauf achtet, daß sie dableiben…